Donnerstag, 10. Februar 2022

Vorsicht vor privaten Rechnungen im Kontokorrent

Eine neue Verordnung für Härtefallgelder, Covid-19-Kredite und Dividenden sowie Kurzarbeitsentschädigungen: Die Folgen des Coronaregimes sorgt bei den Unternehmern für viel Zusatzaufwand und Fragen. Urs Schüpbach, Gastroconsult-Direktor für Wirtschaftsprüfung, hat die Antworten.

Urs Schüpbach, in welchem Bereich sind die Informationslücken derzeit am grössten, wenn es um Covid-19-Kredite, Härtefallgelder oder Kurzarbeitsentschädigungen (KAE) geht?

Urs Schüpbach: Das Hauptproblem ist, dass Gastronomen die Bezugs- und Verwendungskriterien nicht vollumfänglich kennen. Zwei Beispiele: Bei den Covid-Krediten ist es so, dass sich die Unternehmer keine Dividende auszahlen dürfen, solange sie den Kredit nicht zurückbezahlt haben. Weiter gibt es Inhaber, die seit Jahren ihre privaten Rechnungen über den Betrieb zahlen, was in Ordnung ist, sofern dies ihrem privaten Kontokorrent belastet wird. Solche privaten Zahlungen erhöhen das Guthaben gegenüber dem Inhaber. Beides führt aktuell zu Problemen: Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für CovidKredite und für die Härtefallhilfen sind Dividenden verboten. Und eine Erhöhung des Kontokorrents kann zu sofortigen Rückforderungsansprüchen durch die Bank oder den Kanton führen.

Herausfordernd für Aktionäre und Gesellschafter, die im eigenen Betrieb mitarbeiten, ist auch die Regelung der EO-Entschädigung.

Ja, wer sich im Betrieb in einer arbeitgeberähnlichen Stellung befindet und beispielsweise im Dezember 2021 eine Umsatzeinbusse von über 30 Prozent erlitten hat, kann die volle EO-Entschädigung nur geltend machen, wenn er sich im Dezember keinen Lohn ausbezahlt hat. Die EO-Entschädigungen werden mit einer Verzögerung ausbezahlt. Da fragen sich die Unternehmer zu Recht, wie sie die Zeit dazwischen überbrücken sollen. 

Und Ihre Antwort?

Der Inhaber kann einen Vorschuss beziehen und diesen wieder zurückzahlen, sobald die EO-Entschädigung eintrifft. Oder aber der Unternehmer finanziert diese Überbrückungszeit mit seinen Ersparnissen. Von Luft oder Liebe allein kann er ja nicht leben.

Der Bundesrat hat beschlossen, das Abrechnungsverfahren für die KAE sowie die Erhöhung der Höchstbezugsdauer der KAE auf 24 Monate zu verlängern. Die Beschränkung auf vier Abrechnungsperioden für Arbeitsausfälle von über 85 Prozent ist aufgehoben. Für vom 2G+-Regime betroffene Betriebe wurde die KAE wiedereingeführt. Was heisst das für Gastgeber?

Dass sie weiterhin die Möglichkeit haben, Kurzarbeit abzurechnen. Aufgrund des Fachkräftemangels ist es wichtig, dass den Mitarbeitern nicht gekündigt werden muss. Das Instrument der Kurzarbeit hat sich absolut bewährt. Bezüglich Kurzarbeitsentschädigung war in den letzten zwei Jahren die grösste Herausforderung, die vielen Anpassungen und Änderungen überblicken zu können. Sehr wichtig ist weiterhin, dass keine Fristen verpasst und Voranmeldungen sowie Abrechnungen rechtzeitig eingereicht werden.

Kürzlich entschied das Bundesgericht im Fall eines Luzerner Gastronomen, dass die Betriebe für die Mitarbeitenden im Monatslohn, für welche Kurzarbeit beantragt wurde, einen Anspruch auf Entschädigungender Ferien- und Feiertage haben. Was heisst das konkret?

Das Seco hat dazu Ende Januar ein neues Abrechnungsformular erstellt, das für die neuen Abrechnungen ab Januar 2022 verwendet werden muss. Momentan ist unklar, wie die Ansprüche rückwirkend, also bis Dezember 2021, geltend gemacht werden können. Fakt ist: Den Unternehmen stehen diese Beträge zu, rückwirkend für alle Perioden, für welche Kurzarbeit beantragt wurde.

Was muss man im Zusammenhang mit erhaltenen Härtefallgeldern in den Jahresabschlüssen 2021 beachten?

In den meisten Kantonen dürfen Betriebe mit einem Jahresumsatz von unter fünf Millionen im Geschäftsjahr 2021 Gewinne erzielen, ohne dass sie die Härtefallgelder zurückzahlen müssen. Allerdings ist die Auszahlung von Härtefallgeldern kantonal geregelt. Beispiel Kanton Aargau: Dieser wollte bis im Dezember auch Härtefallgelder von Betrieben mit weniger als fünf Millionen Franken Umsatz zurückfordern, sofern diese einen Gewinn erzielen. Glücklicherweise hat der Kanton Aargau dies mittlerweile korrigiert und die Regelung der meisten anderen Kantone übernommen, das heisst, diese Betriebe dürfen einen Gewinn ausweisen. Die Unsicherheit vieler Kunden zu diesem Thema war gross. Viele Gastronomen stünden vor dem Nichts, wenn sie die Härtefallgelder zurückzahlen müssten. Verständlicherweise führte das bei vielen zu Existenzängsten. 

Wie sieht das für Betriebe mit einem Umsatz von über fünf Millionen Franken aus? 

Sie müssen die Härtefallgelder anteilsmässig zurückzahlen, wenn sie 2021 einen Gewinn erzielen und nicht mit einem Verlust aus im Jahr 2020 verrechnen können. Hat ein Unternehmen 100 000 Franken Härtefallentschädigungen erhalten und schreibt im 2021 einen Gewinn von 200 000 Franken, dann muss das Unternehmen die gesamte Entschädigung von 100 000 Franken zurückzahlen. Wenn das Unternehmen nur 50 000 Gewinn erzielt, sind von den
100 000 Franken Härtefallgeldern noch 50 000 Franken zurückzubezahlen. Wer dies beim Jahresabschluss nicht berücksichtigt, riskiert so gesehen viel Geld.

Welche Fragen drängen sich aktuell im Zusammenhang mit den Covid-19- Krediten auf?

Es ist wichtig zu wissen, ab welchem Zeitpunkt amortisiert werden muss. Das kann von Bank zu Bank verschieden sein. Vielfach ist die erste Amortisationsrate per 31. März 2022 geschuldet, danach sind halbjährliche Ratenzahlungen bis
Ende September 2027 die Regel. Da stellt sich bei vielen in der Branche die Frage, wie sie bereits Ende März 2022 die erste Amortisationsrate zahlen sollen. 

Was verständlich ist. Was raten Sie?

Es gibt Betriebe, welche den Covid-19-Kredit zwar aufgenommen, aber nie angetastet haben und ihn nur als Notreserve halten. Diesen Betrieben rate ich, mit den Amortisationszahlungen zu beginnen. Den Betrieben, welche momentan die liquiden Mittel nicht haben, um mit der Amortisation des Kredits zu beginnen, empfehle ich, die Bank zu kontaktieren, um eine Lösung zu finden. Falsch wäre es sicher, einen weiteren Kredit aufzunehmen, um den Covid-19-Kredit zurückzuzahlen.

Dieses Interview zeigt: Bei diesem komplexen Thema gibt es zahlreiche Fallen. Wissen Sie von weiteren?

Unternehmen, die eine Revisionsstelle haben, müssen wissen, dass diese gesetzlich verpflichtet ist, Verstösse gegen die Verwendungsbestimmungen der Covid-Kredite zu melden. Im schlimmsten Fall kann dies zu einer sofortigen Rückzahlung des Kredites und einem Strafverfahren führen. 

Interview: Reto E. Wild 
GastroJournal 

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