GastroJournal: Reto Grohmann, Sie haben Walter Höhener bei der Nach folgeplanung beraten. Was hat der ehemalige Gastgeber der Krone in Urnäsch AR richtig gemacht?
Reto Grohmann: Die Nachfolgeplanung von Herrn Höhener erachte ich tatsächlich als sehr gut. Besonders wichtig: Er hat den Optionentrichter möglichst lange offen gehalten hat und sich nicht zu schnell auf nur eine Lösung versteift.
Zudem wollte er von Anfang an das Objekt so erhalten und hat den Rückhalt aus der Region gesucht und gefunden.
Was sind die wichtigsten Punkte, die es bei einer Nachfolgeregelung zu beachten gilt?
RG: Nebst der immer wieder angetönten frühzeitigen Planung istdie finanzielle Planung sehr wichtig, da ja oft die Pensionskasseim Objekt steckt. Demnach wäre es schade, wegen einer überstürzten Nachfolge einen zu tiefen Verkaufspreis zu erhalten oder eine zu hohe Steuerlast aufgebürgt zu bekommen.
Was sind andere typische Fehler?
RG: Die Emotionen zu vernachlässigen. Oftmals wird ein Lebenswerk übergeben. Wenn eine interne Nachfolge gefunden wird, gilt es dies unter den Geschwistern so anzusprechen und zu planen, dass es später nicht zu unschönen
Diskussionen kommt. Am besten sollte ein Berater hinzugezogen werden, der die Helikopterperspektive einnimmt und zu bestimmten Themen im Prozess Spezialisten beizieht.
Sie haben im Frühling 2021 das CAS Management der Unternehmensnachfolge HWZ erfolgreich abgeschlossen. Was sind die neuesten Erkenntnisse aus der Theorie?
RG: Ich habe bereits vor dem CAS Nachfolgen betreut, aber meine wichtigste Erkenntnis war, dass jedes Jahr in der Schweiz rund 25 000 Unternehmen vor einem Generationswechsel und damit vor einer Nachfolgeregelung stehen. Die Komplexität und Vielfalt bedingt den Zuzug einer Fachperson.
Wie stark hat Corona den Markt beeinflusst? Sie sagten in einem Interview mit www.gastrojournal.ch, dass derzeit mehr jüngere Gastronomen ein Objekt kaufen wollen?
RG: Auf dem Markt sind vermehrt gut qualifizierte Nachfolger, nicht unbedingt junge. Ich fordere jedoch die Jungen dazu auf, möglichst früh das Risiko einzugehen, da sie ja eigentlich noch fast nichts zu verlieren haben. Man verliert nur, wenn man es nicht versucht.
Ist es korrekt, dass derzeit tendenziell gute Angebote auf dem Markt sind, dass also mehrere Unternehmer ihren Betrieb verkaufen möchten? Was ist das für ein Anstieg in Prozent?
RG: In Prozent kann ich das nicht fassen. Es ist allerdings spürbar, dass viele ältere Gastronomen in der Pandemie die Zeit gefunden haben, über ihre Nachfolge nachzudenken und uns frühzeitig kontaktiert
haben. Von vielen Betrieben weiss ich nun, dass sie in den nächsten zwei bis vier Jahren auf den Markt kommen werden oder ein familieninterner Generationenwechsel stattfindet.
Wie sieht ein typischer Verkäufer aus?
RG: Viele unserer erfolgreichen Betriebe, die mittelfristig eine Nachfolge suchen, sind durch ein klassisches Wirtepaar geführt, im Alter zwischen 55 und 65. Due Fäden im Hintergrund hält oftmals die Frau zusammen.
Wer sind die Menschen, die einen Betrieb übernehmen wollen?
RG: Dies ist sehr unterschiedlich, je nach Betrieb und je nach Lage. Meist sind diese Interessenten so um die vierzig Jahre jung. Wir haben Gastronomen, die expandieren wollen mit einem Zweit- oder Drittbetrieb in der Region, Küchenchefs, die sich nun selbständig machen wollen, Selbständige, die ihren Betrieb wechseln wollen und ja, auch immer mehr Junge, die das Wagnis auf sich nehmen. In Weinfelden TG etwa eröffnen Anfang September zwei wirklich tolle junge Menschen das Hotel Restaurant zum Trauben. Sie sind unter 30 und top motiviert (das GastroJournal berichtete am 21. Dezember 2020, Anmerkung der Redaktion). Ich bin überzeugt, dass sie es schaffen werden.
Gibt es regionale Unterschiede?
RG: Ja, bedingt durch die Betriebsstrukturen der verschiedenen Regionen. In der Stadt an guten Lagen wird oft ein hohes Startkapital benötigt,
was jüngere Gastronomen meist noch nicht haben. Auf dem Land gibt es allerdings auch tolle Objekte, die oftmals gewinnbringender sind als in der Stadt. Die Eigentümer dieser Objekte verzichten
vielfach bewusst auf einen höheren Wert, nur um den Jungen die Chance zu geben, die sie einst hatten.
Autor: Reto Wild GastroJournal