Mittwoch, 12. Februar 2025

Sanierung von Unternehmen: Steuerliche Behandlung (neues Kreisschreiben 32a)

Die steuerliche Behandlung von Unternehmenssanierungen wurde mit dem Kreisschreiben 32a präzisiert. Besonders die buchhalterische Erfassung von Forderungsverzichten kann unterschiedliche steuerliche Auswirkungen haben. Erfahren Sie, welche Optionen es gibt, wie Sie Steuerfallen vermeiden und welche Lösungen sich für Ihr Unternehmen am besten eignen.

Am 20. Januar 2025 hat die Eidgenössiche Steuerverwaltung (ESTV) das neue Kreisschreiben 32a Sanierung von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften publiziert. Das neu publizierte Kreisschreiben ersetzt das Kreisschreiben Nr. 32 vom 23. Dezember 2010. Insbesondere wurden die seit der Publikation der letzten Version im Jahr 2010 ergangenen Praxisanpassungen der ESTV ins neue Kreisschreiben aufgenommen. Im KMU-Umfeld sind Zuschüsse von Aktionären oder Gesellschaftern ein häufiges Mittel im Sanierungsfall.

Anlässlich der Publikation des neuen Kreisschreibens zeigen wir nachfolgend die wichtigsten Vor-und Nachteile der verschiedenen Verbuchungsvarianten auf. Neu können durch die Art der Verbuchung von Forderungsverzichten der Gesellschafter die Steuerfolgen beeinflusst werden.

Zusammenfassende Übersicht: 

FORDERUNGSVERZICHT / ZUSCHUSS Erfolgsneutraler
Zuschuss - direkt
ins EK mit Bildung
KER
Erfolgsneutraler
Zuschuss - direkt
ins EK
mit Verrechnung
Bilanzverlust
Erfolgswirksamer
Zuschuss
Buchung Direkt ins
Eigenkapital (Bildung
KER)
Direkt ins
Eigenkapital (Verrechnung mit
Bilanzverlust)
Über die
Erfolgsrechnung
Sanierungsertrag Unechter
Sanierungsertrag
(steuerfrei)
Unechter
Sanierungsertrag
(steuerfrei)
Echter
Sanierungsertrag
(steuerpflichtig)
Verlustverrechnung Keine Verrechnung
mit Verlusten
Verrechnung mit
Bilanzverlust im EK,
steuerliche
Verlustvorträge
bleiben erhalten
Verrechnung mit
Verlusten und
steuerlichen
Verlustvorträgen
Kapitaleinlagereserven (KER) KER möglich Kein KER, da
Verrechnung mit
Bilanzverlust
Kein KER, da
erfolgswirksam
Verrechnungssteuer Nicht relevant Nicht relevant Nicht relevant
Emissionsabgabe Kein Freibetrag,
Zuschuss unterliegt
der Emissionsabgabe
Freibetrag von
CHF 10 Mio. nutzbar
Freibetrag von CHF
10 Mio. nutzbar

 

Wann spricht man im steuerlichen Sinne von einer Sanierung?

Eine Kapitalgesellschaft ist sanierungsbedürftig, wenn eine echte Unterbilanz vorliegt, d.h. wenn das Eigenkapital eines Unternehmens inklusive offenen und stillen Reserven nicht mehr vollständig gedeckt ist. Das Steuerrecht folgt dabei der betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise. Das Obligationenrecht gibt dabei klare gesetzliche Vorgaben was bei einer so genannten qualifizierten Unterbilanz (hälftiger Kapitalverlust und Überschuldung) zu tun ist. Wenn also das Obligationenrecht das Ergreifen von Sanierungsmassnahmen fordert, so ist auch aus steuerlicher Sicht die Sanierungsbedürftigkeit gegeben.

Zuschüsse von Aktionären oder Gesellschaftern:

Eine mögliche Massnahme im Sanierungsfall ist der Zuschuss durch den Anteilsinhaber. Dies kann entweder dadurch erfolgen, dass der Gesellschafter zusätzliche Mittel in die Gesellschaft einbringt oder dass er auf bereits bestehende Forderungen verzichtet.  Dabei ist der Forderungsverzicht eine häufig gewählte Variante in der Praxis. Durch den schlechten Geschäftsgang hat der Aktionär der Gesellschaft möglicherweise bereits Geld in Form von Aktionärsdarlehen zur Verfügung gestellt. Der Aktionär verzichtet nun für die Sanierung (teilweise) auf diese Darlehen, um das Eigenkapital wieder herzustellen.

Die wichtigste Neuerung bzw. Präzisierung im neuen Kreisschreiben betrifft diese Forderungsverzichte. Bisher bestand der Grundsatz, dass Forderungsverzichte grundsätzlich ein erfolgswirksamer Vorgang darstellen. Neu stellt das Kreisschreiben klar, dass Forderungsverzichte durch Anteilsinhaber, die direkt in das Eigenkapital der Gesellschaft gebucht werden, aufgrund der handelsrechtlichen Verbuchung immer gewinnsteuerneutral sind. Werden die Forderungsverzichte von Aktionären oder Gesellschaftern über die Erfolgsrechnung gebucht, sind sie hingegen grundsätzlich erfolgswirksam. In den beiden folgenden Fällen gelten jedoch auch über die Erfolgsrechnung ausgebuchte Forderungsverzichte als steuerneutral:

  • Wenn es sich beim Aktionärsdarlehen um verdecktes Eigenkapital handelt
  • Wenn das Aktionärsdarlehen wegen schlechten Geschäftsgangs gewährt wurde und unter den gleichen Umständen von unabhängigen Dritten nicht gewährt worden wäre

Erfolgsneutraler Zuschuss:

Der Aktionär oder der Gesellschafter verzichtet definitiv auf seine Forderung. Das Passivdarlehen aus Sicht der Gesellschaft wird erfolgsneutral direkt ins Eigenkapital gebucht (sog. unechter Sanierungsertrag).

Steuerfolgen:

  • Gewinnsteuer Gesellschaft: Der Vorgang ist gewinnsteuerneutral. Die bestehenden steuerlichen Verlustvorträge bleiben bestehen und werden nicht verrechnet.
  • Einkommenssteuer Aktionär: Für den Aktionär, welche seine Anteile im Privatvermögen hält, stellt der Forderungsverzicht eine steuerneutrale Kapitaleinlage dar.
  • Kapitaleinlagereserve: Der Zuschuss direkt ins Eigenkapital kann als Kapitaleinlagereserve (KER) verbucht werden und muss der ESTV als solche gemeldet werden. Eine spätere Rückzahlung der Kapitaleinlagereserven an den Aktionär kann gemäss Kapitaleinlageprinzip steuerneutral vorgenommen werden (weder Einkommens- noch Verrechnungssteuerfolgen).
  • Emissionsabgabe: Forderungsverzichte der Gesellschafter unterliegen grundsätzlich der Emissionsabgabe. Es gibt einen Sanierungsfreibetrag von CHF 10 Mio., das neue Kreisschreiben bestätigt jedoch die Praxis des Bundesgerichts, dass bestehende Verluste beseitigt werden müssen. D.h. eine bilanzielle Verrechnung des Bilanzverlustes im Eigenkapital mit dem Forderungsverzicht ist zwingend. Bei der Verbuchung direkt ins Eigenkapital als Kapitaleinlagereserve ist dieses Kriterium nicht erfüllt und der Forderungsverzicht unterliegt der Emissionsabgabe von 1%. Es besteht die Möglichkeit, den Forderungsverzicht mit dem Bilanzverlust im Eigenkapital steuerneutral zu verrechnen, eine Bildung von Kapitaleinlagereserven ist somit jedoch nicht mehr möglich.
  • Verrechnungssteuer: Der Forderungsverzicht unterliegt nicht der Verrechnungssteuer.

Erfolgswirksamer Zuschuss:

Der Aktionär oder der Gesellschafter verzichtet definitiv auf seine Forderung. Das Passivdarlehen aus Sicht der Gesellschaft wird erfolgswirksam über die Erfolgsrechnung ausgebucht (sog. echter Sanierungsertrag).

Steuerfolgen:

  • Gewinnsteuer Gesellschaft: Der Vorgang ist gewinnsteuerwirksam. Die bestehenden steuerlichen Verlustvorträge werden verrechnet. Im Sanierungsfall können die Vorjahrsverluste ohne zeitliche Beschränkung (d.h. > 7 Jahre) verrechnet werden.
  • Einkommenssteuer Aktionär: Für den Aktionär, welche seine Anteile im Privatvermögen hält, stellt der Forderungsverzicht einen privaten nicht abzugsfähigen Kapitalverlust dar.
  • Kapitaleinlagereserve: Da der Zuschuss erfolgswirksam über die Erfolgsrechnung gebucht wurde, ist die Bildung von Kapitaleinlagereserven ausgeschlossen.
  • Emissionsabgabe: Forderungsverzichte der Gesellschafter unterliegen grundsätzlich der Emissionsabgabe. Beim erfolgswirksamen Ausbuchen des Forderungsverzichts kann jedoch der Sanierungsfreibetrag von CHF 10 Mio. beansprucht werden, da bestehende Verluste beseitigt werden. Zuschüsse von total bis zu CHF 10 Mio. unterliegen somit nicht der Emissionsabgabe.
  • Verrechnungssteuer: Der Forderungsverzicht unterliegt nicht der Verrechnungssteuer.
  • Falls einer der oben erwähnten Ausnahmetatbestände greift (verdecktes Eigenkapital oder fehlender Drittvergleich) wird der Forderungsverzicht trotz erfolgswirksamer Verbuchung als erfolgsneutraler Vorgang behandelt

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. 

Ihre Ansprechpartnerin 


Ursula Waldburger
Fachbereichsleiterin Steuern
Dipl. Steuerexpertin
CAS FH in Swiss VAT/MWST
ursula.waldburger@gastroconsult.ch

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